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Die Kunst von Karin Reiter von abstractmodern.art hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Die zeitgenössischen, abstrakten Gemälde laden ein um sich darin zu verlieren. Auf jedem Zentimeter gibt es etwas zu entdecken. Für ihre Werke werden hauptsächlich Acrylfarben verwendet aber auch Mixed Media kommen zum Einsatz.
Die Malerei hat sie schon immer fasziniert, sich richtig diesem Bereich gewidmet allerdings erst am Ende ihrer aktiven beruflichen Laufbahn. Nach einer Reihe von Workshops mit namhaften in- und ausländischen Künstler*innen, absolviert sie 2022 das umfangreiche Creative Visionary Program von art2life Gründer Nicholas Wilton (USA).
Ich selbst besitze ein Bild Namens “Fräulein Blümel”, das Teile einer originalen Heiratsurkunde ihrer Vorfahren beinhaltet. Das farbenfrohe Gemälde mit Geschichte hängt derzeit bei uns im Wohnzimmer und bringt mich wann immer ich es betrachte zum Lächeln.
Die Künstlerin lebt und malt in einem Haus aus dem 16. Jahrhundert in Gumpoldskirchen, einem Weinort vor den Toren Wiens. Dort habe ich sie besucht und ihr beim Malen ein wenig über die Schulter geschaut und ihren Erzählungen über die Liebe zur Kunst gelauscht.
“Die Abstraktion fühlt sich nach Freiheit an.”
Liebe Karin, wie bist du zu der abstrakten Kunst gekommen? Gab es ein Schlüsselerlebnis oder hattest du das Künstlerische schon immer in deinem Blut?
Manchmal frage ich mich, wie die abstrakte Kunst eigentlich zu mir gekommen ist (… lacht)! Ich war ein sehr neugieriges Kind und bin in einem künstlerischen Umfeld aufgewachsen. Mein Vater war Beamter, Chefgraveur und Medailleur der Münze Österreich und Meister des künstlerischen Porträts. Als Vorschulkind hat man mich selten ohne Buntstifte oder Wasserfarben angetroffen. Meine Mutter habe ich öfter zur Tante begleitet, die fantastische Mode genäht hat. Ich bin ein Kind der Sechziger- und Siebziger Jahre und war auch in Knautschlack und Häkellook gekleidet. Ich erinnere mich noch an die avantgardistische Aufmachung mancher Modemagazine und die Besuche in der Hippie-Wohnung einer Schulfreundin. Das Fremde, Andere hat schon immer eine große Faszination auf mich ausgeübt.
An der bildenden Kunst und Kunstgeschichte interessiert war ich auch während meiner Gymnasialzeit, jedoch hat es lange gedauert, bis ich erstmals Pinsel und Farbe zur Hand nahm, um mich selbst kreativ auszudrücken. In den allerersten Bildern – in den Nullerjahren dieses Jahrhunderts – habe ich meine Emotionen verarbeitet. Ich hatte eine Scheidung zu überwinden und war als Mutter eines Teenagers gerade am Weg in die berufliche Selbstständigkeit. Heute kann ich sagen: Die Abstraktion fühlt sich nach Freiheit an, an ihr berührt mich, dass sie sich der Eindeutigkeit entzieht und die Betrachterin, den Betrachter zum Mitgestalter macht.
Wie würdest du jemanden am Telefon deine Kunst beschreiben? Was macht abstractmodern.art aus?
Am Telefon meine Kunst beschreiben? Ojeh… Melodien könnte man wenigstens summen, aber abstrakte Kunst in Worte zu kleiden würde ich schon lieber einer Kuratorin oder einem Kritiker überlassen. Ich würde die Person vermutlich lieber auf meine Website oder meinen Instagram Account einladen und sagen: Schau, die abstrakte Malerei ist meine Passion und das Interior Design meine geheime Liebe. Ich gestalte Bilder, die Räumen Glanz verleihen können, entweder als Statement Piece an der Wand oder als harmonisches Accessoire, das sich stimmig ins Gesamtbild einfügt. Das kleine und das große Format mag ich und erforsche gerade das Arbeiten in Serie.
“Mein Mann erzählt mit Vergnügen, dass ich auch schon Arbeiten unter der Dusche abgeschrubbt habe, wenn die Farbe noch feucht war.”
3.) Was inspiriert dich beim Malen deiner Bilder? Und wo findest du Inspiration?
Picasso hat mal gesagt: “Inspiration existiert, aber sie muss dich beim Arbeiten antreffen”. Inspiration ist in meinen Augen ein weitgehend unbewusst ablaufender Prozess und aus vielen Quellen gespeist. Großartig designte Wohnräume, an denen kein einziges Bild die Wand ziert, üben eine besondere Anziehung auf mich aus. Ich habe oft unvermittelt eine Vorstellung davon, in welche Palette ich ein Bild tauchen könnte, das ich dort “einfügen” würde. Natürlich bin ich auch von großen Vorbildern beeinflusst – vor allem die “Ninth Street Women” im New York der Vierziger und Fünfziger Jahre des 20.Jahrhunderts haben großartige Kunst geschaffen und sich dabei erfolgreich in einer Männerdomäne durchgesetzt. Bei manchen Ausstellungen moderner Kunst könnte ich mich stundenlang in den Räumlichkeiten aufhalten und immer noch neue Details entdecken.
Hattest du auch schon einmal eine Malblockade, bei der dir nichts eingefallen ist, und gab es schon mal den Punkt, an dem du dir gedacht hattest, „ich schmeiß’ alles wieder hin“?
“Ich schmeiße alles wieder hin”, das nicht. Ich habe meinen Umgang mit Blockaden gefunden und weiß heute, dass es keinen Sinn macht, stur dagegen anzumalen. Viel besser ist es, räumlich und zeitlich Abstand zu gewinnen, um nichts zu verschlimmbessern. Mein Mann erzählt mit Vergnügen, dass ich auch schon Arbeiten unter der Dusche abgeschrubbt habe, wenn die Farbe noch feucht war. Die Leinwand verzeiht das und es gibt mitunter interessante Effekte. Ich kann mittlerweile viel entspannter damit umgehen, dass nicht jede Arbeit ein Meisterwerk sein muss.
“Ich liebe es, wenn Bilder eine Geschichte erzählen, die Fantasie anregen. “
Du wohnst du mit deinem Mann in Gumpoldskirchen, in einer entzückenden Wohnung, umgeben von Weinbergen. Würdest du sagen, dass deine Umgebung dich inspiriert bei deiner Malerei?
Wir sind nach einer gemeinsamen Zeit in Wien-Mariahilf einmal um den Anninger gezogen. Der historische Ortskern in Gumpoldskirchen hat schon viel Charme und wir wohnen ja wirklich mittendrin, in einem Haus aus dem 16. Jahrhundert. Die Weinberge und sanften Hügel der Umgebung laden zum Spazieren und Wandern ein, im Wald gehe ich gerne ganz allein “Waldbaden”. Das ist herrlich entspannend. Ich habe auch in der Natur einen offenen Blick für das Schöne, das nehme ich natürlich auch mit in mein Atelier.
Wie kann man sich die Entstehung eines Bildes vorstellen? Wie schaut so ein Prozess bei dir aus?
Das ist situativ verschieden. Vor einigen Monaten übergab mir meine Mutter eine Schachtel mit fragilen Originaldokumenten meiner Familie aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert. Da ich auch gerne collagiere, hab’ ich es spontan zum Anlass genommen, das Material zu verarbeiten. So entstand auch das Werk “Fräulein Blümel”, das in deinem Zuhause hängt. Ich liebe es, wenn Bilder eine Geschichte erzählen, die Fantasie anregen. Manchmal gehe ich aber auch planvoll vor. Ich schaffe zum Beispiel eine Reihe gleichartiger Leinwände an und variiere ein Motiv. Bei Auftragsarbeiten berate ich meine Kunden auch gerne hinsichtlich der Größe und Platzierung einer Arbeit. Mitunter erstelle ich vorab eine Farbpalette zur Abstimmung. Der Moment, wenn ich ein oder mehrere Augenpaare zum Strahlen bringen kann, wenn ich ein Werk übergebe, ist priceless.
“Ich sehe mich selbst als Work In Progress.”
Hast du Lieblingsfarben oder malst du intuitiv?
Mein Malprozess ist intuitiv-dynamisch. Doch empfiehlt es sich, auch dafür ein paar Grundfarben zu definieren, die ich während des Prozesses ergänze oder deren Sättigung ich ändere. Persönlich fühle ich mich wohl mit matten Rottönen, Neutrals, Gelb oder Oliv – und stelle dabei fest, dass ich mich bevorzugt auch in diesen Farben kleide.
Wie viel Einfluss hat Musik auf deinen Schaffensprozess?
In meinem Atelier genieße ich vorwiegend die Ruhe und den Flow. Gelegentlich überkommt mich aber doch die Lust, beim Arbeiten Musik zu hören. Dann kann es sein, dass sich “Locomotive Breath” von Jethro Tull und das “Concierto de Aranjuez” nahtlos abwechseln. Manchmal erschließt sich mir der Titel einer Arbeit schon während des Malens, dann wieder scrolle ich durch Spotify und ein Musiktitel stoppt mich. Ich höre hinein und stelle dann zu meiner Überraschung fest, dass er auch die Stimmung des Bildes gut einfängt.
Wo siehst du dich und deine abstrakte Kunst in – sagen wir mal – zehn Jahren? Gibt es ein Ziel, auf dass du hinarbeitest?
Ich sehe mich selbst als Work In Progress, will die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks weiter erforschen und meine Skills ausbauen. Kooperationen spornen mich an, da der Austausch mit anderen Kreativen für mich etwas sehr Wertvolles ist. 2024 bin ich eingeladen, in einer Galerie auszustellen, und von da weg darf es gerne organisch seinen Lauf nehmen. Ich durfte lernen, dass es mir besser geht, wenn ich meinen Ehrgeiz ein wenig zügle und in Vertrauen loslasse. Das Schöne an der kreativen Arbeit ist, dass man sie auch noch im höheren Lebensalter ausüben und Wertschätzung erfahren kann.
Hier eine kleine Auswahl der großartigen Bilder von Karin Reiter. Das Bild in der Mitte namens “Fräulein Blümel” hängt bei uns im Wohnzimmer.
Und abschließend noch ein Tipp: Wenn ihr Karins Kunst live erleben möchtet, habt ihr bei den Tagen des Offenen Ateliers am 21.&22.10.2023 von 14h-18h in der Kirchengasse 1/Top3, 2352 Gumpoldskirchen [Weingut zum Pranger] die Möglichkeit dazu.
Die Kunstwerke kann man aber auch ganz unkompliziert in ihrem Onlineshop erstehen.